Bei manchen Brettspielen wirkt das Thema aufgesetzt. Nicht so bei „Die Ratten von Wistar“: Laborratten sind entkommen und richten sich abseits einer Farm ein. Sie buddeln ein Zuhause, erkunden das Farmgebäude und basteln aus Abfällen nützliche Werkzeuge. Schließlich haben sie im Labor so einiges gelernt.
Das Spiel geht über fünf Runden, wir kommen in jeder nur dreimal an die Reihe. Es gilt in diesem Expertenspiel, die eigenen Züge zu optimieren. Und das dauert. Wir platzieren eine unserer Chefratten und wählen damit eine Aktion. Haben wir Mäusen in unserem Bau Unterschlupf angeboten, können wir sie als Arbeiter dazu stellen. Das bringt uns Extra-Aktionen. So sammeln wir Holz oder Metall.
Damit bauen wir nützliche und ziemlich abgefahrene Gegenstände, mit denen wir schneller vorankommen und Siegpunkte erhalten. Oder wir buddeln weiter in unserem Bau, schaffen noch mehr Platz. Unser eigenes Spielertableau zeigt eine kuschelige Höhle. Und wer investiert, kann auch hier seine Fähigkeiten verbessern. Viele Stellschrauben also.
Gut ausgerüstet starten wir die Entdeckung der Farm: öffnen Türen, entdecken Räume, finden Kollegen, die uns helfen. Je weiter es vorangeht, umso größer werden die Belohnungen. Ganz hinten im letzten Keller gibt es leckeren Käse. Das ist als Geschichte schön ausgedacht, auch die Aufgaben, die wir in den Räumen erfüllen müssen. Dazu brauchen wir die passenden Erfindungen.
Das alles zusammen zu bekommen, ist keine leichte Aufgabe. Einsteiger verstehen in der ersten Partie statt Bauernhof nur Bahnhof. Nimmt man uns vor der Nase ein Einsetzfeld weg, rechnen wir den kompletten Zug neu durch. Zu viert dauert mir „Die Ratten von Wistar“ deshalb viel zu lang. Außerdem sind die Symbole auf den Karten zu klein, denn der Spielplan ist riesig.
Mit etwas Erfahrung lernt man sich zu spezialisieren. Wie in komplexen Spielen üblich, macht es Sinn, weniges gut zu können anstatt alles einigermaßen. Hier habe ich aber das Gefühl, Teile des Spiels zu verpassen, wenn ich nicht überall dabei bin. Das zeigt die Stärke der Rahmenhandlung. Aber selbst die tritt hinter dem doch dominanten Effekten der Erfindungskarten zurück. Und sie zum Teil über Kopf zu lesen und im Blick zu behalten, ist anstrengend. Nur wenn es einen richtig packt, bleibt man hier dabei.
„Die Ratten von Wistar“ von Danilo Sabia & Simone Luciani (PD-Verlag); für 1-4 Spieler ab 13 Jahren, ca. 90-120 Minuten, ca. 60 Euro.
nett Expertenspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
Eine ausführlichere Besprechung von mir zu „Die Ratten von Wistar“ findet sich in der Spielbox 4/2024.
“Ducksch spielt”, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.