Wir wollen unsere Karten zuerst loswerden. Wir dürfen unsere Handkarten nicht umstecken. Wir versuchen, durch geschicktes Ausspielen hohe Kombos auf die Hand zu bekommen. Schon mal gehört? Stimmt, da war was. In den vergangenen Jahren sind einige Kartenspiele mit diesen Grundideen auf den Markt gekommen. Jetzt kommt „Jungo“. Und macht eigentlich recht wenig anders.
Die bisher ausgespielte Kombination muss übertroffen werden. Durch eine höherwertige Kombination mit gleich vielen Karten oder durch eine Kombo mit mehr Karten gleichen Wertes – Straßen will hier niemand sehen. Das ist mäßig aufregend. Alle spielen am Anfang Einzelkarten, um unbrauchbare Werte wegzubekommen und die Hand zu optimieren. Denn es geht darum, mit einem großen Schlag alle restlichen Karten auszuspielen – oder noch besser: den vorletzten Stich zu gewinnen und dann für den letzten die übrigen abzulegen.
Natürlich hat „Jungo“ Nuancen, die es von sehr ähnlichen Vorbildern unterscheidet. So darf man die zuletzt geschlagenen Karten abwerfen oder beliebig in die eigene Hand einsortieren. Man kann auch gar nicht ausspielen, stattdessen eine Karte ziehen und diese einordnen. Oder mit ihr sogar sofort eine Kombination spielen. Das ist meist recht überraschend und macht „Jungo“ variabler, zugleich aber noch unplanbarer als ähnliche Spiele.
Wer beim Nachziehen doch ausspielt, soll außerdem „Jungo“ rufen. Es ist unglaublich, dass Spieleverlage immer noch auf diese Uraltidee kommen. Mich hat das schon in den 1980ern genervt. Aber irgendjemand scheint das weiter lustig zu finden. Egal, „Jungo“ wird dadurch nicht schlechter. Aber auch nicht besser. Auch nicht dadurch, dass es hier Doppelkarten mit zwei Werten gibt, von denen wir einen wählen können.

So ist das zwar alles recht flexibel und nicht ganz so tüftelig wie bei Genre-Flaggschiffen wie dem großartigen, aber anspruchsvollen „Scout“ (Oink Games) oder aber dem pfiffigen „Krass kariert“ (Amigo), das zuletzt als „Combo up“ wieder herausgekommen ist. Diese sind allerdings deutlich raffinierter zu spielen. Und haben eine Endwertung.
Denn bei „Jungo“ ist einfach Schluss, wenn jemand die letzte Karte abgelegt. Er hat gewonnen. Kein Nachzählen, kein Auswerten, keine Reihenfolge, kein Spielblock, nichts. Das ist arg wenig. Man könne ja mehrere Parteien spielen, schlägt die Anleitung vor. Alternativ hätte sich die Redaktion mal ein paar mehr Gedanken machen können.
Aufgrund der hübschen Grafik von Laura Michaud und dem identischen Schachtelformat hatte ich gehofft, dass hier vielleicht ein ebenbürtiger Nachfolger zum großartigen „Trio“ vorliegt, das ich in den allerersten Lebenswochen dieses Blogs gleich hoch gelobt hatte. Ich wurde enttäuscht: Dieses Niveau hat „Jungo“ bei weitem nicht.
„Jungo“ von Toshiki Arao (Cocktail Games); für 3-5 Spieler ab 10 Jahren, ca. 15 Minuten, ca. 14 Euro.
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Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.